9. Oktober 2015

Max Penthollow schreibt mir // Kapitel 5 : Özzen Fözzen Tuzzi Muzzi – Walle Walle Bumm Bumm (Gedanken zu "Tartuffe" an der Schaubühne)

Max Penthollow schreibt mir...

Liebe Maren,

hier ist mein Text zu Tartuffe:


Tartuffe – Molière - Schaubühne – Regie: Michael Thalheimer - Premiere am 20. Dezember 2013


Der Inhalt

Der Hausherr Orgon ist so begeistert von dem besonders fromm und heilig erscheinenden Tartuffe, dass er ihm seine Tochter zur Frau geben und ihm sein Haus überschreiben will, damit Tartuffe für immer bei ihm und seiner Familie bleibt, „der gute Mann“!


Tartuffe macht sich an Orgons Ehefrau Elmire heran und vertreibt nach erfolgter Überschreibung des Hauses Orgon und seine ganze Familie aus dem Haus, fort, denn das Haus gehört ja jetzt ihm, Tartuffe.

Ein schlimmes Ende einer Komödie!


Fromm und heilig? Lars Eidinger als Tartuffe, Ingo Hülsmann als Orgon und Felix Römer als Madame Pernelle (Foto: Katrin Ribbe)

Die Historie: Molière, Tartuffe und Ludwig XIV

Molière musste sein Stück zweimal umschreiben (1664 bis 1669), die ersten beiden Fassungen wurden nach Premiere und Skandal verboten, erst die dritte Fassung kam auf die Bühne, protegiert vom König, Ludwig XIV, nur diese dritte Fassung soll noch erhalten sein.

Diese letzte Fassung hat ein Happy-End: Tartuffe ruft die Polizei, die erkennt in Tartuffe den lang gesuchten Betrüger und nimmt ihn fest, der König (!) in seiner großen Weisheit, Huld und Güte schafft Gerechtigkeit und löst den Vertrag über das Haus zugunsten von Orgon und seiner Familie. Alles wird endlich gut, die Familie kann im Haus wohnen bleiben, Tartuffe muss ins Gefängnis.

Ein schönes ausgleichendes glückliches Ende für gerechtigkeitsbewusste Genießer eines entspannenden und stimmungsgelösten Theaterabends zur Zeit Ludwigs XIV und zu allen Zeiten danach! 

Die Schaubühnen-Fassung

Sie ist die mutmaßlich ursprüngliche verbotene Version von Molières Stück: die Schaubühnen-Fassung lässt das Happy-End weg. Das Stück endet böse: die Familie muss aus ihrem Haus raus und fertig! 

Die tragenden Leit-Motive der Inszenierung:

Tongewaltige sakrale Musik im Orgel-Sound!

Dazu lautstark und wirkungssicher von Tartuffe (Lars Eidinger) deklamierte übermächtige alttestamentarische Bibelzitate über Gottes Segen und Fluch für Gehorsam und Ungehorsam, weitere eher verhaltene Bibelzitate am Schluss von der Zofe Dorine (Judith Engel / Cathlen Gawlich)!

Die Bühne als vertikaler quadratischer Kasten in Gold mit Stuhl und Wandkreuz, mitten in einem dunkelgrauen haushohen vertikalen Rad, mit diesem Rad rotierend!

Die handelnden Personen als bleiche Untote in zeitlosen Kostümen im Zombie-Look in bizarren Auftritten und Szenen!

„Özzen Fözzen Tuzzi Muzzi – Walle Walle Bumm Bumm!“

 Am Schluss tritt Zofe Dorine – ganz in Schwarz - an die Rampe und spricht mit leiser Stimme:

"Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen, bist fern meinem Schreien, den Worten meiner Klage? (…) Herr, es ist Zeit zu handeln; man hat dein Gesetz gebrochen."

Die "Untoten": Cathlen Gawlich als Zofe Dorine und Tilman Strauß als Valère (Foto: Katrin Ribbe)


Das Wesentliche ist für mich damit gesagt!

Ich fand’s wunderbar und fantastisch!

Meine Empfehlung:  nichts wie hin!


Liebe Grüße

Max
--------------------------------------------------------

Von: Molière   
Regie: Michael Thalheimer   
Bühne: Olaf Altmann   
Kostüme: Nehle Balkhausen   
Musik: Bert Wrede   
Dramaturgie: Bernd Stegemann   
Licht: Erich Schneider   

Orgon: Ingo Hülsmann   
Elmire: Regine Zimmermann   
Tartuffe: Lars Eidinger   
Dorine: Cathlen Gawlich   
Mariane: Luise Wolfram   
Damis: Franz Hartwig   
Valère: Tilman Strauß   
Cléante: Kay Bartholomäus Schulze   
Madame Pernelle: Felix Römer   
Monsieur Loyal: Urs Jucker   

Dauer: ca. 105 Minuten

Weitere Infos zum Stück auf der Seite der Schaubühne.

Mein (Marens Bericht) zum Stück hier.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen